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Fakultätspreise für Abschlussarbeiten SoSe 2018

Bachelorarbeiten

Sophie Ebel 

Futurkonstruktionen im Mittelniederdeutschen auf Grundlage des Anselm-Korpus

BA Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen | Betreuer: Prof. Dr. Agnes Jäger

Wie wird Zukünftiges sprachlich bezeichnet? Dieser Frage widmet sich Sophie Ebel in ihrer Bachelorarbeit. Basierend auf einem umfangreichen Korpus unterschiedlicher Handschriften und Drucke, aus denen sie rd. 500 Belegstellen entnimmt,  untersucht die Verf. in ihrer linguistischen Arbeit die Futurkonstruktionen im Mittelniederdeutschen. Dies ist ihr sehr gut gelungen. Die Arbeit zeichnet sich durch ihre ausführliche Forschungsdiskussion, sehr reflektierte  Ausführungen zur Methode, eine klare Fragestellung, einen sehr umfangreichen Quellenkorpus, eine exzellente Umsetzung und eine ausführliche Dokumentation der Ergebnisse aus. Die Studie verfolgt auf ungewöhnlich hohem Niveau eine eigenständige Fragestellung und liefert neue, sehr gut belegte und dem bisherigen Forschungsstand widersprechende Erkenntnisse zur Bezeichnung des Zukünftigen im Mittelniederdeutschen. Die Studie bewegt sich durchweg auf professionellem fachsprachlichem Niveau, ist klar gegliedert, ausführlich dokumentiert und formal einwandfrei. Frau Ebel hat eine Arbeit vorgelegt, die weit über dem Niveau liegt, das man auch von einer gelungenen BA-Arbeit erwarten kann.

 

Thomas Laurs              

Studien zur Einwirkung sapphischer Darstellungen von Aphrodite und ihrem Kult in den Oden des Horaz

BA Lehramt Gymnasium und Gesasmtschule, Latein | Betreuer Prof. Dr. Jürgen Hammerstaedt

Sappho war wohl die bedeutendste Lyrikerin des klassischen griechischen Altertums. Auch wenn nur ein kleiner Teil ihrer Dichtung überliefert ist, haben ihre Werke bis in die Gegenwart ihre Faszination nicht verloren. In der Bachelorarbeit von Herrn Laurs geht es allerdings nicht um die jüngere Rezeption und Interpretation der sapphischen Dichtung, sondern um deren Wirkung in der Antike. Herr Laurs weist  in seiner altphilologischen Bachelorarbeit bisher von der Forschung noch nicht thematisierte und interpretierte Einflüsse nach, die eines der zentralen Werke der Sappho auf eine Ode des Horaz hatte. Gleichzeitig kann er triftig zeigen, dass ein bisher für andere Texte des Horaz vermuteter Einfluss der Sappho unplausibel ist. Die Arbeit zeichnet sich durch eine eigenständige Fragestellung, ihren sehr guten Bezug auf die internationale Forschung und vor allem durch eine akribische, höchst komplex angelegte, alle relevanten Aspekte formaler, sprachlicher und motivischer Natur berücksichtigende textvergleichende Analyse der griechischen und lateinischen Texte aus, die eine beeindruckend sichere Beherrschung der altphilologischen Methodik zeigt. Die Arbeit kann als substanzieller, eigenständiger Forschungsbeitrag gelten, dessen Niveau deutlich über dem liegt, was üblicherweise von einer BA-Arbeit zu erwarten ist.

 

 
Masterarbeiten

Tobias Flink                  

Historisches Erklären als Operation historischen Erzählens. Eine explorative Studie zu Konzepten und Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern

Master of Education Gymnasium und Gesamtschule, Englisch und Geschichte | Betreuer: Prof. Dr. Holger Thünemann

In seiner geschichtsdidaktischen Studie setzt sich der Verf. zunächst kritisch mit der unzureichenden Eindeutigkeit und Klarheit  der Kriterien eines kompetenzorientierten Geschichtsunterrichts auseinander.  Auf dieser Basis entwickelt Herr Flink dann die Fragestellung und das Forschungsdesign für seine Untersuchung. In einem ersten Schritt diskutiert der Autor mit dichtem und sehr sachkundigem Anschluss an die geschichtsdidaktische und –theoretische Literatur den Operator „Erklären“. In einem zweiten Schritt überprüft er mittels eines aufwendigen Textdesigns zunächst, welche Vorstellungen Schüler von Prozess historischen „Erklärens“ haben, um dann zu ermitteln, wie sich das Begriffsverständnis und die Praxis der Schüler ändern, wenn sie mit einer elaborierten Definition des Konzepts bekannt gemacht werden.

Der Verf. legt eine sehr ausführliche, souverän an die Forschung anschließende, sehr eigenständig und mit ausgeprägtem Methodenbewusstsein entwickelte Untersuchung zu einem besonders relevanten Problem des Geschichtsunterrichts vor. Seine kritische Auseinandersetzung mit der unzureichenden Operationalisierung kompetenzorientierten Geschichtsunterrichts und seine Überlegungen zur Begriffsdefinition befinden sich durchweg auf dem Niveau der Forschung. Der äußerst sorgfältig entwickelte und umgesetzte Text zeigt eine hohe Originalität der Herangehensweise, sichere Methodenbeherrschung und eine kompetente Darlegung der Ergebnisse. Herr Flink hat einen gewichtigen eigenständigen Beitrag zur geschichtsdidaktischen Forschung geleistet.

 

Jane Mertens              

Alter und Sprechmotorik: Eine akustische und artikulatorische Analyse [A]

Master Linguistik – Phonetik | Betreuerin: Privatdozentin Dr. Doris Mücke

Jeder von uns kann im Alltag unschwer unterscheiden, ob ein Sprecher oder eine Sprecherin ein junger oder alter Mensch ist. Das Alter hinterlässt seine Spuren auch im Sprechen: Der Tonfall ändert sich, das Sprechtempo, die Klarheit der Artikulation. Diese lebensweltliche Erfahrung macht Frau Mertens zum Ausgangspunkt ihres Forschungsprojektes, dessen Ergebnisse heute ausgezeichnet werden. Ihre Studie befasst sich mit der Frage, welchen Einfluss das Alter auf die Motorik des Sprechens hat. Dazu hat sie in einer experimentellen, quantitativ angelegten Untersuchung die Sprechpraxis von je fünf jüngeren und älteren Probanden verglichen. Hierbei werden sowohl akustische als auch – und hierin liegt der besonders innovative Ansatz der Arbeit – methodisch sehr aufwendige artikulatorische Analysen vorgenommen, die auf der Aussprache eines vorgegebenen Silben- und Wortkatalogs beruhen. Insbesondere die Analyse artikulatorischer Gesten zeigt signifikante Alterseffekte auf die Sprechpraxis. Dies ist in dieser Form noch nicht untersucht worden und stimmt mit Befunden zur altersbedingten Veränderung der allgemeinen Motorik überein.

Die Arbeit zeichnet sich durch ihre originelle und innovative methodische Anlage, ihre umfassende Einbettung in die aktuelle Alternsforschung, durch die sorgfältige experimentelle Umsetzung und eine sehr differenzierte Auswertung der Befunde aus. Dass die Forschungsergebnisse dieser Studie weit über dem liegen, was üblicherweise von einer Masterarbeit erwartet werden kann, ist u.a. auch daran abzulesen, dass sie bereits auf zwei internationalen Konferenzen vorgestellt wurden.

 

Melanie Schippling   

Three-participant events in Romani

Master Linguistik | Betreuerin: Prof. Dr. Birgit Hellwig

Frau Schippling untersucht in ihrer linguistischen Masterarbeit, in welcher sprachlichen Form Ereignisse, an denen drei Akteure (Partizipanten) beteiligt sind, in den Dialekten des Romani ausgedrückt werden. Romani ist die Sprache der in verschiedenen europäischen Staaten lebenden Roma, die in eine ganze Anzahl von Dialekten unterteilt ist. Frau Schippling hat sich gefragt, wie in diesen Dialekten Drei-Partizipanten-Ereignisse, also Aussagen wie z.B. “jemand gibt jemandem etwas” oder “jemand zeigt jemandem etwas” ausgedrückt werden. Hierzu greift sie auf den theoretischen Rahmen zurück, der von Margetts und Austin 2007 formuliert worden ist, und wendet ihn sehr eigenständig und methodenbewußt auf insgesamt fünf verschiedene Romani-Dialekte an. Die allgemeine sprachwissenschaftliche Literatur wird dabei ebenso breit und sachkundig rezipiert wie die Spezialliteratur, die sich mit der Sprachfamilie des Romani auseinandersetzt. Die Studie zeichnet sich durch sicheres theoretisches Wissen, großes Methodenbewusstsein und eine überzeugende empirische Umsetzung aus. Der Text ist klar strukturiert und zeichnet sich durch eine sicher wissenschaftliche Prosa – wohlgemerkt im Englisch, was nicht die Muttersprache der Verfasserin ist – aus. Die ungewöhnliche Qualität dieser Forschungsarbeit ist nicht nur von ihrer Betreuerin, Frau Prof. Birgit Hellwig, und den Gutachtern des Fakultätspreises erkannt worden, sondern auch von der linguistischen Fachcommunity: Frau Schippling wurde eingeladen, ihre Ergebnisse auf der 13th International Conference on Romani Linguistics vorzustellen, die im September 2018 in Paris stattfand, der zentralen internationalen Konferenz der europäischen Romani Linguistik.