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Forschungsprojekte der Philosophischen Fakultät 2017/2018

Das Jerusalemer Euchologion

Mestia, Svanetien | Foto: Tatiana Bardaschowa

Prof. Dr. Claudia Sode und Prof. Dr. Jürgen Hammerstaedt | Institut für Altertumskunde, Byzantinistik und Neugriechische Philologie, Prof. Dr. Jürgen Hammerstaedt, Institut für Altertumskunde, Klassische Philologie

Gefördert von der Deutschen Forschungsgesellschaft

Das DFG-Projekt „Das Alt-Jerusalemer Orationale (Euchologion) in georgischer
Überlieferung. Vergleichende Edition, Übersetzung, Kommentare“ untersucht so genannte Vorstehergebete, das heißt jene an Gott gerichteten Texte, die in allgemeinen oder besonderen kirchlichen Versammlungen von deren Vorstehern wie etwa Patriarchen, Bischöfen oder Presbytern bei
Zeremonien der Hauptsakramente wie Eucharistie, Taufe und Trauung als auch bei allgemeinen Festen und
täglichem Gebet um Geburt, Krankheit, Sterben und Tod vorgetragen wurden. Eine Sammlung solcher Gebete bezeichnet man traditionell als Euchologion, sein lateinisches Pendant entsprechend als Sakramentar oder Orationale.


Das Euchologion der Kirche Jerusalems und Palästinas – inklusive des Sinai – des ersten Jahrtausends steht im Mittelpunkt unseres Projektes. Ab rund 1000 n. Chr. wurde dieses Alt-Jerusalemer Euchologion zunehmend durch byzantinisch-konstantinopolitanische Texte verdrängt, so dass es als geschlossenes Buch in der griechischen
Originalsprache nicht mehr greifbar ist. Erhalten blieb es allerdings in altgeorgischer Übersetzung durch eine Reihe von Sinai-Handschriften des 9. - 10. Jh. Diese so genannten Sinaitica bilden daher die Grundlage unserer Forschung.
Durch eine detaillierte liturgiewissenschaftliche Analyse des Inhaltes der einzelnen Handschriften konnte seit Projektbeginn im Frühjahr 2014 unsere Kenntnis der Gebete und der Festliturgie Jerusalems um wesentliche Aspekte erweitert werden. So konnten unter Anderem diverse gottesdienstliche Gebräuche einzelner kirch- licher Gemeinschaften der Anastasis-Kirche in Jerusalem (auch bekannt als Grabeskirche), des Sabas-Klosters bei Jerusalem sowie des Sinai-Klosters herausgearbeitet und untersucht werden. Dabei zeigte sich, dass die in der ersten Projektphase für die demnächst erfolgende Publikation vorbereiteten Jerusalemer Ordines der Christlichen Initiation (Taufe) und der Begräbnisse sogar noch die Entstehungsverhältnisse der Hochpatristik spiegeln.
Erfolgreich verlief auch eine Bibliotheksreise – wenngleich auch nicht wie geplant auf den Sinai – in den hohen Kaukasus. Noch heute lassen sich in der Region Svanetien manche Schätze heben: so konnten wir im
Historisch-ethnographischen Museum in Mestia ein bisher noch nicht in die Wissenschaft eingeführtes altgeorgisches Euchologion-Fragment einsehen, seinen Inhalt vor Ort bestimmen und für die Edition erfassen. Dabei handelt es sich um den einzigen bislang in Georgien
selbst gefundenen direkten Vertreter des Jerusalemer
Euchologions.
Seit April 2017 befindet sich das Projekt nach positiver Evaluierung in seiner zweiten Phase. Geplant sind die Edition, die Übersetzung und die Kommentierung der monastischen Initiation, der Kirchweihriten und der Gebete zum Opfern von Tieren und anderer Kasualien, die Organisation und Durchführung einer Tagung zu den klösterlichen Feiern sowie eine Bibliotheksreise – diesmal hoffentlich auf den Sinai .

Text: Tinatin Chronz
 

Kontakt

Insitut für Altertumsforschung
Dr. Tinatin Chronz

Kooperationspartner: PD Dr. Heinzgerd Brakmann
Mitarbeiter*innen: Dr. phil. Tinatin Chronz, Diego Fittipaldi, M.A.

E-Mail tchronz(at)uni-koeln.de