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Forschungsprojekte der Philosophischen Fakultät 2017/2018

Offene-Welt-Strukturen

Screenshot des Autors aus Horizon: Zero Dawn (Guerilla Games 2017)

Architektur, Stadt und Landschaft im Computerspiel

Dr. Marc Bonner | Institut für Medienkultur und Theater

Post-Doc-Projekt finanziert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft

Ob als vom Meer umtoste Inselwelten, von steilen Hängen begrenzte Täler oder zum Horizont reichende Häusermeere – Open-World-Computerspiele simulieren eine kohärente, den Entdeckerdrang evozierende Weite, die sich aus einem komplexen Netzwerk unterschiedlicher topologischer Involvierungsstrategien konstituiert. Das Projekt setzt bei dem Befund an, dass unüberschaubare Stadtlandschaften und scheinbar unberührte Wildnisse zum Selbstzweck werden. Dies stellt eine Fokusverschiebung im Weltenbau des Massenmediums Computerspiel, fern etablierter narrativer Konzepte, dar. Dabei ist die Welterfahrung zwar von raumlogischen Handlungsmustern der Wirklichkeit bedingt, sie reguliert aber auch – wie zuvor bereits Film oder Photographie – in ihrer medienspezifischen Ästhetik und Raumzeitlichkeit das Verständnis von und somit auch die Navigation in der Alltagswirklichkeit.


Das hier skizzierte Projekt ist ein transdisziplinärer Zugriff auf die Architektonik digitaler Spielwelten. Dabei wird sowohl auf die technische Verfasstheit des digitalen Bildmediums als auch auf Struktur und Vermittlung des spielimmanenten Raums sowie dessen Perzeption fokussiert. Für eine kritische Erforschung und kultur-historische Einordnung ist es nötig, bereits tradierte ästhetische Normen und Illusionsstrategien in und mit artifiziellen Erlebnisräumen wie Landschaftsgärten, Themenparks oder Naturschutzgebiete aber auch Dioramen und Photographien aufzuarbeiten und Theorien der Urbanistik sowie der Humangeographie zu kontextualisieren. Das Computerspiel als Datenbank zeichnet sich durch Modularität und Variabilität aus und nutzt medienspezifische Illusionstechniken, die entscheidend für Struktur und Ausgestaltung der offenen Spielwelten sind (z.B. interior mapping, cutmill-rom spline, sky box und frustum culling).


Erforscht wird die modulare Gestaltung der digitalen Spielwelten, die ein medienspezifisches Destillat zivilisationshistorischer Verhaltensweisen der Jäger-und-Sammler-Zeit hervorbringen, die der heutigen Alltagswelt nur noch als ein ästhetisches Erleben nachwirken. Zentral ist dabei auch die gezielte Nutzung bestimmter Biome und Architekturstile. So wird auch hinterfragt, wie Architektur, Stadt und Landschaft in ihren distinkten Medialitäten das Spielverhalten regulieren und Zitate bekannter im populärkulturellen Gedächtnis verankerter Orte die Involvierung intensivieren. Das medienzentrierte Analysemodell umfasst produktions- wie auch rezeptionsästhetische Aspekte und soll folglich eine Heuristik für zukünftige Forschungen bieten.

Text: Marc Bonner

 

 

Screenshot des Autors aus Assassin’s Creed Unity (Ubisoft Montral 2014)

Kontakt

Institut für Medienkultur und Theater
Dr. Marc Bonner