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Faculty Prizes for Theses WS 2018/19
- in German -
Bachelor-Thesis
Benedikt Lemke
Zur Liturgisierung der Gottesurteile. Eine Erschließung der frühesten Ordalliturgica und ihrer Handschriften vom ausgehenden 8. bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts
BA Lehramt für GyGe - Historisches Institut, Betreuer: Prof. Dr. Karl Ubl
Seit dem 6. Jahrhundert gab es im christlichen Europa die Praxis der Gottesurteile (Ordale). Dabei wurde die Glaubwürdigkeit einer Person z.B. dadurch getestet, ob sie aus einem Kessel mit kochendem Wasser eigenhändig Gegenstände ziehen konnte, ohne dass die Hand dabei verbrüht wurde. Ab dem 8. Jahrhundert kam es zu einer formalen Liturgisierung dieser Ordale, die sich auch in schriftlichen Codices niederschlug.
Im Zusammenhang mit einer umfassenden Erschließung solcher Ordalcodices am Lehrstuhl von Prof. Ubel hat Herr Lemke in seiner BA-Arbeit nun erstmals eine Reihe von wichtigen Ordalcodices sorgfältig analysiert, interpretiert und in den historischen Kontext eingeordnet. In diesem Zusammenhang wurde auch im Anhang der Arbeit ein Codex erstmals transkribiert.
Die Arbeit von Herrn Lemke legt die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den verschiedenen Texten offen und argumentiert überzeugend dafür, dass die Liturgisierung nicht zentral „von oben“, etwa durch die Kirche gesteuert wurde, sondern dezentral entstand. Die BA-Arbeit von Herrn Lembke überzeugt durch die absolut professionelle Quellenauswertung und ist bereits ein veritabler Forschungsbeitrag, der auch im Umfang beachtlich ist. Eine in jeder Hinsicht beeindruckende und qualitativ herausragende Bachelor-Arbeit.
Vesna Schierbaum:
Was ist der Anspruch von Böhmermanns Schmähkritik?
BA Medienkulturwissenschaften/Kunstgeschichte; Betreuer: Prof. Dr. Stephan Packard
Das Thema der Arbeit von Frau Schierbaum ist die Satire und deren Wirkmöglichkeit in heutiger Zeit. Folgerichtig beginnt die Arbeit mit einer Definition und einer ausführlichen Beschreibung dieser Kunstform. Dabei greift die Autorin bis in die Antike zurück und zeigt deren wichtigste Entwicklungsstufen bis in die Moderne hinein. Heutzutage wird die Satire allerdings bisweilen von der Realität überholt und die Autorin beschreibt anhand mehrerer Kriterien eine Krise satirischer Literatur, bevor sie im zweiten Teil ihrer Arbeit einen Weg aus dieser Krise zeigt.
Dies geschieht am Beispiel des bekannten Schmähgedichts von Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten. Mit ihrer Analyse des Gedichts sowie der durch dieses ausgelösten Konflikte und deren Bewältigung erläutert die Autorin Schritt für Schritt, wie die Satire heute noch ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen kann.
Bei der Bachelorarbeit von Frau Schierbaum handelt sich um eine gut aufgebaute und klar nachvollziehbare Darstellung der Satire als gesellschaftlich relevante Ausdrucksform. Die Autorin hat sich hervorragend in die Materie eingearbeitet. Ihre Arbeit zeugt von gründlicher Analyse und sicherem Hintergrundwissen. Die Schlussfolgerungen bauen klug aufeinander auf und sind jederzeit sehr gut nachvollziehbar. Ein derzeit für die Öffentlichkeit wichtiges Thema wird hier anhand klarer wissenschaftlicher Kriterien überzeugend analysiert.
Master-Thesis
Janin Istenits
Merkmale populistischer Sprache auf Twitter: Eine korpusbasierte Analyse von AfD-Tweets im exemplarischen Vergleich mit Tweets von Donald Trump und Podemos
MA Linguistik - ISDL 1, Betreuerin: Privatdozent Dr. Stefan Hinterwimmer
Gibt es einen eigenen Stil und typische Muster in den Kommunikationsstrategien von Populisten auf Twitter? Dieses gesellschaftlich äußerst relevante Thema ist bislang nur unzureichend untersucht. Frau Istenits hat deshalb die Tweets von rechts- und linkspopulistischen Akteuren im internationalen Vergleich einer umfangreichen Korpusanalyse unterzogen. Im Zentrum stehen dabei die Tweets der AfD, aber sie werden mit Tweets von Trump, der spanischen Podemos-Bewegung und auch mit Tweets von Parteien aus der politischen Mitte verglichen. Herausgekommen sind eine ganze Reihe von klaren sprachlichen Eigentümlichkeiten in den populistischen Tweets, wobei auch Unterschiede zwischen Links- und Rechtspopulisten ganz deutlich herausgearbeitet werden.
Die Arbeit ist methodisch und theoretisch sehr gut fundiert und erschließt ein ganz neues Forschungsgebiet. Die Analysen sind methodisch äußerst sorgfältig durchgeführt und beeindruckend professionell. Gleichwohl ist die Arbeit gut lesbar und geradezu spannend geschrieben. Eine qualitativ herausragende Master-Arbeit.
Adrian Kammerer:
Kritik an Visionärinnen? Johannes Gersons Misogynie auf dem Prüfstand
MA Mittelalterstudien, Historisches Seminar, Betreuerin: Prof. Dr. Sabine von Heusinger
Johannes Gerson war im 14./15. Jahrhundert ein bedeutender Theologe und Kanzler an der Universität Paris mit einem umfassenden Schriftenverzeichnis und europaweitem Wirkkreis. Jüngst wurde allerdings vor allem aus dem angelsächsischen Bereich der Forschung häufiger der Vorwurf geäußert, dass Johannes Gerson frauenfeindlich gewesen sei und einseitig gegen religiöse Visionärinnen Stellung bezogen hätte. Herr Kammerer untersucht diesen Vorwurf der Misogynie und versucht ihn durch eine intensive Kontextualisierung der Texte Johannes Gersons zu überprüfen und ein Stück weit zu entkräften.
Die Textanalyse erfolgt sehr systematisch und auf breiter Quellenbasis: Untersucht werden akademische Traktate, praktisch-spirituelle Unterweisungen, Predigten und Gedichte, die von Johannes Gerson auf Lateinisch und Französisch verfasst worden sind. Auch wenn nicht in jedem Fall eine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts ausgeschlossen werden kann, lässt sich dies doch in jedem Fall mit den Gepflogenheiten der spätmittelalterlichen Gesellschaft erklären. Die genaue Betrachtung der verschiedenen Texte zeigt sogar eher, dass Johannes Gerson für seine Zeit ein ungewöhnlich großes Verständnis für die Stellung der Frau in der damaligen Gesellschaft aufbrachte.
Herr Kammerer hat mit seiner Masterarbeit eine sehr interessante und detailliert ausgeführte Textanalyse vorgelegt, die gut verständlich und schlüssig strukturiert geschrieben ist. Dem Autor gelingt es auch durch den Einbezug bisher noch nicht näher berücksichtigter Texte Gersons den Vorwurf der Misogynie mehr oder weniger zu entkräften.
Solveig Yelena Zumdiek
Receiver‐directed speech: Zu Typen (geb. Aldag) und möglichen Funktionen adressaten-spezifischer Sprechweisen
MA Linguistik. Betreuer: PD Dr. Volker Struckmeier
Wer den Titel der Masterarbeit von Frau Zumdiek liest, wird vielleicht überrascht sein, wenn er erfährt, um welche „Adressaten“ es hier geht: Untersucht wird nämlich die Kommunikation der Menschen mit ihren Hunden. Wie reden wir mit Hunden, wenn diese nicht mehr Haus und Hof bewachen, sondern sich in das Heim und das Herz ihrer Besitzer geschlichen haben? Wir kaufen unserem Hund ein Bettchen, Leine und Halsband oder gar etwas zum Anziehen, geben ihm Spielzeug, einen personalisierten Napf und hochwertiges Premiumfutter. Und wie reden wir mit ihm? Wir reden mit dem geliebten Vierbeiner wie mit unseren Kindern – so jedenfalls das Resultat dieser ebenso originellen wie erhellenden Studie.
Eingebettet in eine umfassende Darstellung der Kommunikation mit Kleinkindern und Hunden im Deutschen weist die Verf. eine deutliche Parallelität des Babytalks mit Kindern und der Kommunikation mit Hunden nach. Anschließend diskutiert die Autorin verschiedene Deutungsmöglichkeiten – Spracherlernen kann ja beim Hund keine Rolle spielen – und kommt letztendlich zu der Schlussfolgerung, dass Aufmerksamkeitserzeugung und die emotionale Hund‐Mensch-Bindung vermutlich die zentralen Ursachen für diese Ähnlichkeit sind.
Die Autorin hat ihre Daten sehr gründlich erhoben, ihre Interpretation ist methodisch reflektiert und wird gut nachvollziehbar dargelegt. Es handelt sich um einen sehr gut informierten und hervorragend lesbaren Text. Eine derartige empirische Studie wurde wohl erstmals für das Deutsche durchgeführt und verdient auch deshalb die heutige Auszeichnung.
[bitte beachten: Die Verf. hat die Arbeit unter ihrem Geburtsnamen Aldag eingereicht, heißt nach ihrer Heirat jetzt aber Zumdiek]