Am 14. Dezember 2017 verstarb in seinem 90. Lebensjahr nach längerer schwerer Krankheit in Köln Prof. Dr. Albert Zimmermann, Direktor emeritus des Thomas-Instituts der Universität zu Köln und Président d’honneur der Société Internationale pour l’Étude de la Philosophie Médiévale.
Geboren wurde Albert Zimmermann am 5. Juni 1928 in Bensberg bei Köln. Das Studium der Philosophie, Mathematik und Physik an der Universität zu Köln schloß er 1952 mit dem Ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien ab. Nach der Zweiten Staatsprüfung 1954 unterrichtete er bis 1957 in Köln zunächst als Studienassessor, ab 1961 auch als Studienrat. Die Lehre war ihm stets ein besonderes Anliegen. So war er von 1970 bis 1993 als wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Lehrerfortbildung der nordrhein-westfälischen Bistümer tätig.
Am Anfang seiner wissenschaftlichen Laufbahn stand eine Dissertation bei Josef Koch, dem Gründungsdirektor des Thomas-Instituts, zu den Quästionen des Siger von Brabant zur Physik des Aristoteles, die 1955 zur Promotion durch die Kölner Philosophische Fakultät führte. Ein Habilitationsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglichte in den Jahren 1957 bis 1960 ausgedehnte Forschungsaufenthalte in Cambridge, Oxford und Paris. In den dortigen Bibliotheken unternahm Albert Zimmermann seine bahnbrechenden Forschungen zu mittelalterlichen Kommentaren zur Metaphysik und Physik des Aristoteles. Diese Forschung bildete die Grundlage für seine Habilitationsschrift: »Ontologie oder Metaphysik. Die Diskussion über den Gegenstand der Metaphysik im 13. und 14. Jahrhundert«. Diese klassische Studie, die 1998 eine umfassende Neubearbeitung erfuhr, zeichnet die Geschichte der Diskussion um den Gegenstand der Metaphysik nach und arbeitet dabei die grundlegenden Lösungen heraus. Gefragt wird zudem nach den Folgerungen, die sich aus dem Wandel der wissenschaftlichen Gestalt der Metaphysik ergeben. Die methodische Verschärfung der Grundlegungsproblematik muß als ein maßgeblicher Beitrag der mittelalterlichen Debatten zur Frage der Selbstbegründung der Philosophie und als wichtiger Anknüpfungspunkt der neuzeitlichen Fragestellungen angesehen werden.
Nach der Habilitation 1961 erfolgte 1964 die Ernennung zum Albert Zimmermanns zum Wissenschaftlichen Rat und Professor in Köln; 1966 erfolgte der Ruf auf eine ordentliche Professor an der Universität Siegen. Bereits 1967 wurde Zimmermann dann auf den Lehrstuhl für die Philosophie des Mittelalters an der Universität zu Köln berufen und zum Direktor des Thomas-Instituts bestellt, das er bis zu seiner Emeritierung 1993 mehr als 25 Jahre leitete. Unter seiner Leitung wurden die alle zwei Jahre stattfindenden Kölner Mediävistentagungen zu internationalen Treffpunkten der Mediävistik und zu einem Modell interdisziplinärer Zusammenarbeit.
Albert Zimmermann war Herausgeber bedeutender Reihen wie den »Miscellanea Medievalia« und den »Studien und Texten zur Geistesgeschichte des Mittelalters«, ferner war er Mitherausgeber des »Archivs für die Geschichte der Philosophie« und der internationalen Zeitschrift» Vivarium«. Seit 1978 war Zimmermann Direktor der „Averrois Opera“ der Union Académique International (UAI) und Leiter der Averroes Latinus-Arbeitstelle der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften am Thomas-Institut. 1977 wurde Albert Zimmermann zum Dekan der Philosophischen Fakultät gewählt, ein Amt, das er zwei Jahre ausübte. 1992 wurde Albert Zimmermann schließlich zum Präsidenten der »Societé Internationale pour l’étude de la Philosophie Médiévale« (SIEPM) gewählt, dem Weltverband für mittelalterliche Philosophie. Höhepunkt seiner fünfjährigen Amtszeit war zweifellos der vom Thomas-Institut organisierte zehnte Internationale Kongreß für mittelalterliche Philosophie, der vom 25.-30. August 1997 in Erfurt stattfand und mit über 600 Teilnehmern zu den größten seiner Art zählt. Gegenstand dieses Kongresses, der unter dem Thema „Was ist Philosophie im Mittelalter?“ stattfand, war eine Standortbestimmung mittelalterlicher Philosophie angesichts der unterschiedlichen Formen des philosophischen Selbstverständnisses in der Vielfalt der mittelalterlichen Kulturräume. Der Abendvortrag Albert Zimmermanns „Die Ungeborgenheit des Menschen und die Philosophie“ verweist auf ein anderes Forschungsgebiet neben der Philosophie des Mittelalters mit Schwerpunkten auf der Naturphilosophie, der Metaphysik und der Logik: nämlich auf die moderne Anthropologie und damit auf die Frage des Beitrages, den die Philosophie zum Selbstverständnis und zur Orientierung des Menschen leisten kann.
Mit Albert Zimmermann verlieren das Philosophische Seminar und das Thomas-Institut und nicht zuletzt auch die Philosophische Fakultät einen international angesehenen Wissenschaftler und leidenschaftlichen akademischen Lehrer, einen bedeutenden Direktor und Alt-Dekan unserer Fakultät, der bei Kolleginnen und Kollegen wie bei Studierenden gleichermaßen hohes Ansehen genoß.
Andreas Speer (Thomas-Institut, Köln)