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Sommersemester 2025

Examensfeier

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Fakultätspreise für Abschlussarbeiten


Bachelorarbeiten


Merit Busch:

„Katharina von Siena und das Konzept eines „third gender““

betreut von Sabine von Heusinger (Mittelaltergeschichte)

Merit Busch widmet ihre herausragende Bachelorarbeit der mittelalterlichen Figur der „Katharina von Siena“ und integriert dabei souverän verschiedene Modelle zur Analyse weiblicher Heiligkeit: von der female spiritual authority über das Konzept des third gender bis hin zu Perspektiven der trans studies. Es gelingt der Autorin, diese Zugänge nicht nur vorzustellen, sondern für die Durchdringung von Katharinas Leben und Wirkung fruchtbar zu machen – mit einem sicheren Gespür für historische Kontexte wie für gegenwärtige Fragestellungen. Die Arbeit zeigt eindrucksvoll, wie Katharina nicht nur als spirituelle Autorität auftritt, sondern durch asketische Praktiken, Visionen und Männlichkeitssymbole auch etablierte Geschlechternormen unterläuft. Frau Buschs Auseinandersetzung mit der Legenda Maior zeugt von feinsinniger Quellenarbeit und systematischer Klarheit. Die Reflexion über Gendertransgressionen und symbolische Körpermarkierungen bei Heiligen ist originell und hermeneutisch fundiert zugleich. So liegt hier ein eigenständiger, glänzend formulierter Beitrag zur Mediävistik vor.

Bachelorarbeit (PDF)


Jakob Roth: 

„„Zeit der Lindenblütentage“. Das Ende der Geschichte in Rainald Goetz‘ Buchkomplex Heute Morgen

betreut von Anja Lemke (Neuere deutsche Literatur)

Jakob Roth zeichnet in seiner theoretisch anspruchsvollen Bachelorarbeit nach, auf welche Weise literarische Texte in einem Austauschverhältnis mit philosophischen und soziologischen Gegenwartsanalysen gelesen werden können. Er wählt hierzu die bekannte Diagnose vom „Ende der Geschichte“, die Francis Fukuyama nach dem Ende des Kalten Krieges getroffen hatte, und setzt sie zum einen mit geschichtsphilosophischen Modellen seit Hegel und zum anderen mit Niklas Luhmanns Beschreibung der funktionalen Ausdifferenzierung der modernen Gesellschaft ins Verhältnis. Insofern alle diese theoretischen Modelle einen universellen Beschreibungsanspruch für gesellschaftsgeschichtliche Prozesse erheben, kann die Arbeit sie als Bezugspunkt für diejenige „Geschichte der Gegenwart“ lesen, die Rainald Goetz mit seiner fünfteiligen Buchreihe Heute Morgen zwischen 1998 und 2000 vorgelegt hat: In seiner literarischen Reflexion der Kultur des Fernsehens, des Internet, der Pop-Art, des Reisens und des Feierns am Ende des 20. Jahrhunderts entwirft Goetz ein poetisches Gemeinschaftsmodell nach dem Ende des bürgerlichen Zeitalters, das anstelle einer kulturkritischen Perspektive auf das „Ende der Geschichte“ auf die Affirmation von Gegenwärtigkeit setzt.


Masterarbeiten


Naomi Bodner: 

„Wie lässt sich die Kritische Theorie der Frankfurter Schule durch die Perspektiven des New Materialism erweitern, um einen produktiven Umgang mit aktuellen ökologischen und gesellschaftlichen Krisen zu ermöglichen?“ 

betreut von Thiemo Breyer (Philosophie)

Die Masterarbeit nimmt sich eines anspruchsvollen Theorieprojekts an:
Sie bringt die klassische Kritische Theorie – in ihrer rationalistischen, kulturtheoretischen Prägung – in einen systematischen Dialog mit neueren, insbesondere ontologisch ausgerichteten Denkansätzen des sogenannten New Materialism. Ziel ist es, anhand dieser Konstellation neue Wege im Umgang mit den politischen und erkenntnistheoretischen Herausforderungen des Anthropozäns aufzuzeigen. Die Gegenüberstellung von Konzepten wie Natur, Subjektivität, Agency oder Rationalität wird dabei nicht bloß vergleichend vorgenommen, sondern konsequent in Hinblick auf die Frage weitergedacht, wie Gesellschafts- und Umweltkritik neu konzipiert werden kann. Dabei entsteht ein theoretischer Entwurf, der nicht nur bestehende Forschungspositionen synthetisiert, sondern eine eigenständige Perspektive auf gegenwärtige Krisenerfahrungen eröffnet – mit Anschlussmöglichkeiten etwa in Umweltethik, Sozialphilosophie oder der politischen Theorie. Neben dieser konzeptionellen Leistung ist auch die argumentative und formale Qualität der Arbeit hervorzuheben: Die Darstellung bleibt durchweg klar, strukturiert und theoriegeleitet, ohne sich im Anspruch des Dialogs zwischen heterogenen Denkfiguren zu verlieren. Die Arbeit überzeugt somit gleichermaßen durch ihre eigenständige Syntheseleistung wie durch ihre methodische Stringenz. Sie stellt einen originellen Beitrag zur Weiterentwicklung kritischer Gesellschaftstheorie unter den Bedingungen der ökologischen Krise dar und bewegt sich mit bemerkenswerter Sicherheit an der Schnittstelle von Philosophie, Kulturtheorie und politischer Anthropologie.


Lennart Mehrwald:

„‚Semele‘ in Athen. Inge Westpfahls literarische Produktion im Kontext des deutschsprachigen Exils in Griechenland“ 

betreut von Nicolas Pethes (Neuere deutsche Literatur)

Die Masterarbeit füllt eine Lücke in der Erforschung der deutschsprachigen Exilliteratur zwischen 1933 und 1945, indem sie auf bislang noch kaum beachteten Exilort Athen hinweist und hier besonders auf die Dramatikerin Inge Westpfahl, die während ihres Aufenthalts in Griechenland ein Stück aus dem Umkreis des Dionysos-Mythos verfasste, das die biographischen, politischen und poetischen Verstrickungen des Schreibens im Exil Weise nachzuvollziehen erlaubt: Gestützt auf eigenständige Archivarbeit, darunter die Auswertung von Inge Westpfahls Tagebüchern im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, trägt Lennart Mehrwald diesen intrikaten Entstehungsbedingungen des „Semele“-Dramas auch durch die Wahl einer spezifischen Darstellungsform Rechnung: Anstelle einer linearen Rekonstruktion ist die Analyse um das Ereignis der Lesung einer neugriechischen Übersetzung des Textes in der „Literarischen Gesellschaft Parnassos“ in Athen am 24. März 1938 herum organisiert. Diese Lesung, die der Autorin ihren eigenen Text in einer fremden Sprache präsentierte, versteht Lennart Mehrwald als Kristallisationspunkt der unterschiedlichen Kontexte, Begleitumstände und Hürden, die Exilliteratur zugleich ermöglichen und verhindern. Die Masterarbeit ist durch diesen praxeologischen Ansatz und ihr montageförmiges Verfahren auch auf der Ebene der Darstellung hochgradig innovativ und erschließt auf diese Weise kaleidoskopförmig die besonderen Schreibbedingungen im Athen der 1930er Jahre – Bedingungen, zu denen auch die Begegnung exilierter Autorinnen mit Vertretern des NS-Regimes in deutschsprachigen Kultureinrichtungen gehörten. 

Masterarbeit (PDF)


Jacqueline Moura-Gomes:

„Das Tchiloli auf São Tomé: Widerstand und Identitätskonstruktion im postkolonialen Theater“ 

betreut von Helmut Siepmann (Portugiesisch-Brasilianisches Institut)

In ihrer portugiesischsprachigen Masterarbeit analysiert Jacqueline Moura Gomes die theatrale Praxis des Tchiloli im zentralafrikanischen Inselstaat São Tomé als Ausdruck kultureller Selbstbehauptung, dekolonialer Wissensproduktion und kollektiver Identitätsbildung. Die zentrale Forschungsfrage – wie sich der Tchiloli als Austragungsort von Widerstand und Identitätsbildung konstituiert – wird entlang postkolonialer Theorien von Fanon, Bhabha, Kilomba und Hall entfaltet. Die Arbeit überzeugt insgesamt durch ein theoretisch fundiertes, interdisziplinär und afrozentrisch ausgerichtetes Vorgehen. Besonders bemerkenswert ist die tiefe Verankerung der Analyse in einer dekolonialen Ethik, die europäische Deutungsraster kritisch reflektiert und gezielt Perspektiven des Globalen Südens und lokales Wissen in den Mittelpunkt stellt. Der Tchiloli wird nicht etwa als bloße euro-afrikanische Hybridform verstanden, sondern als eigenständige, Schwarze Schöpfung mit widerständigem Potenzial. Die Autorin legt überzeugend dar, dass es sich um eine Theaterform handelt, die koloniale Symbole gezielt überzeichnet, um sie ihrer Macht zu berauben – ein Akt kultureller Mimikry im Sinne Homi Bhabhas. In diesem Zusammenhang gelingt es der Verfasserin auch, komplexe Konzepte wie „double consciousness“ oder zyklisches Zeitverständnis überzeugend mit konkreten soziokulturellen Praktiken zu verbinden. 

Masterarbeit (PDF)