Bild: Patric Fouad
Examensfeier
Fakultätspreise für Abschlussarbeiten
Bachelorarbeiten
Adriane Helios (English Studies, Betreuerin: Judith Rauscher)
Fashioning Film Space: A Closer Look at the Effect of Costume, Set Design and Sound in Baz Luhrmann’s The Great Gatsby (2013)
Die Arbeit entwirft in beeindruckendem Detailwissen um die Produktionsbedingungen des modernen Kinofilms einen erweiterten Begriff der „fashion” bzw. des „fashioning”, der den Einsatz von Kleidung, Kulisse und Sound umfasst. Die theoretische Begrifflichkeit wird in sorgfältigem, aber auch kreativen Umgang mit Grundlagen der einschlägigen Forschung entwickelt und führt zu sinnvollen eigenen Prägungen, so zum Beispiel zum Begriff des „auditorized image”.
Der zweite Teil der Arbeit stellt eine detaillierte Untersuchung einzelner Filmszenen aus Baz Luhrmann’s The Great Gatsby dar. Hier kann die Verfasserin überzeugend vorführen, wie ihre Begriffsarbeit das Verständnis der filmischen Strategien erweitert: Ihre Analysen machen deutlich, wie „Fashioning” Stimmungen wie Nostalgie und Melancholie kreiert, aber auch eingesetzt werden kann, um komplexe zeitliche Beziehungen zwischen Erzählsträngen zu veranschaulichen. In beiden Teilen ist die Argumentation stringent, eigenständig und einleuchtend.
Aleksandra Kruglova (Archäologie; Betreuer: Eckard Deschler-Erb)
Die Beigaben eines Brandgrabes aus Zülpich-Bürvenich
Die Arbeit untersucht die Beigaben eines Brandgrabes aus Zülpich-Bürvenich, das 2020 im Rahmen der Maßnahme NW 2020/0001 erschlossen wurde. Vor dem Hintergrund von Ausführungen zur römischen Bestattungssitte und einer geografischen sowie archäologischen Verortung der Maßnahme wertet die Arbeit das vorliegende Fundmaterial aus. Dieses wird nach Materialgattungen gegliedert auf seine zeitliche Einordnung und Funktion hin untersucht, wobei auch vergleichend auf weitere Grabkontexte in einem regionalen und überregionalen Zusammenhang zurückgegriffen wird.
Die Arbeit zeichnet sich durch besondere Sorgfalt in der Dokumentation und Analyse sämtlicher Funde aus, was sich auch in dem umfangreichen Katalog-Anhang und den eingeholten wissenschaftlichen Berichten aus Anthropologie und Geologie niederschlägt. Der eingereichte Text übertrifft so zweifellos die Anforderungen an eine BA-Arbeit und ist in jeder Hinsicht als überdurchschnittlich zu bewerten. Die Relevanz dieser Untersuchung für die archäologische Forschung bestätigt die Empfehlung des Erstgutachters, die Arbeit zu publizieren.
Masterarbeiten
Anna Charlotte Epple (Mittellateinische Abteilung, Betreuer: Peter Orth)
„Handschriftenfragmente in Inkunabeln der Kölner Kartause St. Barbara in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln“
Frau Epple untersucht in ihrer Masterarbeit fragmentarisch erhaltene Manuskripte der ehemaligen Kölner Kartause St. Barbara, die in der Sammlung der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln aufbewahrt werden. Ausgehend von einer gründlichen Analyse der lateinischen Textfragmente, ihrer kodikologischen Struktur und der Hinweise auf ihre Provenienz konnte Frau Epple aufzeigen, dass es sich hierbei um Bruchstücke einer italienischen spätmittelalterlichen Digestenhandschrift handelt. Basierend auf dieser Erkenntnis gelang es der Masterandin überzeugend, das makulierte Manuskript zu rekonstruieren und darauf aufbauend Schlussfolgerungen zum Profil der Kölner Kartäuserbibliothek sowie im Allgemeinen zu den spätmittelalterlichen Fragmentierungspraktiken zu formulieren.
Die methodisch äußerst fundierte Masterarbeit zeugt von einem souveränen Umgang mit dem anspruchsvollen Forschungsmaterial und der umfassenden sekundären Literatur, was die Ausarbeitung der Desiderata und methodischen Vorschläge für die künftige Untersuchung erlaubt. Damit hat Frau Epple eine Masterarbeit vorgelegt, die einen wertvollen Beitrag zur Erforschung der spätmittelalterlichen Wiederverwendungspraktiken sowie zur Erschließung des historischen Kölner Bibliothekswesens darstellt. In einer Epoche rascher Entwicklung und somit schneller Überalterung der Informations- und Wissensmedien ist eine Reflexion über die historischen „Recycling“-Praktiken vom besonderen Wert. Aus diesen Gründen gebührt Frau Epple Anerkennung für ihre vorbildliche Leistung und sie verdient damit den Preis der Fakultät.
Franziska Frosch (Islamwissenschaft, Betreuerin: Sabine Damir-Geilsdorf)
Radikalisierungsursachen und Rechtfertigungsnarrative deutscher Jihadi-Salafis. Eine vergleichende Analyse der Fälle Arid Uka und Safia S.
Die Arbeit von Frau Frosch präsentiert auf hochgradig eigenständige Weise Fallstudien zu dschihadistischen Attentäter*innen aus den Jahren 2011 und 2016. Im Unterschied zu gängigen Einzeltäterthesen geht sie dabei gruppen- und mediengestützten Radikalisierungsprozessen nach, die zu solchen Täter:innen-Biographien führen. Dabei werden auch unterschiedliche salafistischer Strömungen differenziert und das Phänomen der Radikalisierung als Abwendung von Mainstream-Salafismus betrachtet. Die beiden Fallstudien zu den Attentaten von Arid Uka und Safia S. legen dabei insbesondere die zentrale Funktion emotionalisierenden Medienkonsums im Vorfeld der Taten nahe. Zugleich unterscheidet Frau Frosch aber auch biographischen Entwicklungen anhand der Differenz zwischen lone wolf- und peripheral drifter-pathways.
Die Arbeit zeichnet sich durch ein hohes Maß an Eigenständigkeit in der Erschließung und Bewertung des Untersuchungsmaterials aus und wird in den Gutachten als wichtiger Forschungs- und Debattenbeitrag bezeichnet. Frau Frosch führt begrifflich differenziert in Konzepte des Terrorismus, des Extremismus und der Radikalisierung ein und bietet einen kenntnisreichen Überblick zu sozialpsychologischen und Ansätzen der Ursachenforschungen bzw. zu den push- und pull-Faktoren innerhalb der biographischen Adoleszenforschung. Und trotz dieser erheblichen Komplexität ihrer Rekonstruktion präsentiert sie ihre Ergebnisse in überaus gut lesbarer Form und verdient somit den Preis der Fakultät.
Masterarbeit (pdf)
Imogen Pare (Public History, Betreuerin: Christine Gundermann)
„Fundamente inklusiver Gedenkstättenpädagogik: Geschichte – Theorie – Empirie am Beispiel einer Pilotstudie an der NS-Gedenkstätte Buchenwald“
Die Arbeit präsentiert aus der Perspektive der Disability Studies eine kritische Auseinandersetzung mit inklusiven Ansätzen der Gedenkstättenpädagogik. Als Untersuchungsbeispiel dient die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald, die seit einiger Zeit Inklusionsprogramme für Menschen mit Lernschwierigkeiten erprobt. Diese Programme stehen oft im Gegensatz zum traditionellen Selbstverständnis von Geschichtsvermittlung als Wissensvermittlung und suchen nach Alternativen zum kognitiven Fokus auf identitätsstiftende Ereignisse der Vergangenheit, wie er in Institutionen des kulturellen Gedächtnisses meist vorherrscht.
Frau Pare entwickelt hierzu eine Typologie von Inklusionsprogrammen und evaluiert diese anschließend auf der Grundlage ihrer eigenen Betroffenenbefragung, indem sie die Erfahrungen des Gedenkstättenbesuchs mit den Erwartungen und Voreinstellungen der Besucher:innen vergleicht. Hervorzuheben ist vor allem die differenzierte Ergebnispräsentation der Arbeit: Einerseits sind nicht-kognitive Zugänge durchaus sinnvoll, insofern sie neue Besuchergruppen erschließen und von diesen auch gerne angenommen werden. Andererseits verstärken Inklusionsprogramme aber auch die Separierung der entsprechend bedürftigen Zielgruppen.
Damit bietet die Arbeit eine institutionen- und machtkritische Analyse museumspädagogischer Programme und präsentiert ein vorbildliches Ineinander von Theorie und Empirie. Zudem geht die Relevanz der Ergebnisse aufgrund des erinnerungspädagogischen Grundlagenanspruchs der Arbeit weit über die konkrete Fallstudie Buchenwald hinaus.