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Fakultätspreise für Abschlussarbeiten WiSe 2021/22


Bachelorarbeiten



Jannika Liebhold, Institut für deutsche Sprache und Literatur II

Thema: Wie Lehrer/innen fragen. Eine Jahrgangsstufen vergleichende Analyse von Lehrerfragen in den Fächern Sachunterricht und Biologie

Betreuer: Prof. Dr. Thorsten Pohl

Lehrer fragen, Schüler antworten – das ist eine schulische Standardsituation. Wie schwierig es aber ist, durch Fragen ein produktives Unterrichtsgespräch zu initiieren, weiß jeder, der schon einmal gelehrt hat. Frau Liebold greift in ihrer Arbeit also ein zentrales Element des Unterrichtsalltags auf und macht es zum Gegenstand ihrer gelungenen Analyse. Die Arbeit basiert auf einer umfassenden Auswertung von Transkripten aus dem DFG-geförderten Projekt „SgS – Die an die Schüler und Schülerinnen gerichtete Sprache. Zur Adaptivität sprachlichen Lehrer/innen-Handelns im Unterricht“ am Institut für deutsche Sprache und Literatur II (Leitung in Köln: Prof. Dr. Thorsten Pohl). Aufbau und Durchführung des Textes können als vorbildlich bezeichnet werden. Nach Einführung und Begründung der Fragestellung im ersten Kapitel folgt eine umfassende Darlegung des Forschungsstandes und eine Skizze der maßgeblichen theoretischen Konzepte. Stimmig und sachkundig legt Frau Liebold dann die von ihr ausgewählten Untersuchungswerkzeuge dar und referiert die Ergebnisse ihrer quantitativen Erhebung. Differenziert und überzeugend fallen auch die Ausführungen zur Interpretation der Befunde und die abschließende Zusammenfassung der Arbeit aus. Ein kurzer Ausblick auf weitere Möglichkeiten der Forschung zeigt, dass in der Thematik noch einiges Potential steckt.

Frau Leibold hat ihre Arbeit in ausgezeichneter sprachlicher Form verfasst und sie zeigt, dass sie das Thema vom Anfang bis zum Abschluss des Textes argumentativ durchdringt. Ihre Fragestellung ist für die eigene Disziplin relevant und mitten aus einem laufenden Forschungsprojekt am ISDL II entnommen. Mit ihrer Bachelorarbeit belegt die Autorin, dass sie ein komplexes Thema der Forschung eigenständig und mit einem hohen Grad an Selbstreflexion bearbeiten kann. Die Untersuchung ist nicht nur flüssig und präzise geschrieben, sondern wird auch durch sauber gemachte und einfach zu lesende Grafiken gestützt, mit denen die Autorin die Ergebnisse ihrer empirischen Untersuchungen klar und verständlich darlegt.

Bachelorarbeit (PDF)



Marie Baur, Institut für Afrikanistik und Ägyptologie

Thema: Über Stimmlosigkeit

Betreuerin: Prof. Dr. Anne Storch

Die Bachelorarbeit von Marie Baur ‚Über Stimmlosigkeit‘ ist ein außergewöhnliches Beispiel dafür, wie im Rahmen einer wissenschaftlich fundierten Arbeit gleichzeitig eigene kreativ-künstlerische Lösungen auf einer visuellen Ebene entwickelt werden, die mit den Textteilen der Arbeit in enger Beziehung stehen.
Frau Baur beschäftigt sich in ihrer Untersuchung eingehend mit der in der Karibik geborenen Poetin und Essayistin M. NourbeSe Philip sowie ausgewählten Teilen ihres lyrischen Werks, welches sich mit der Stimmlosigkeit in postkolonialen Kontexten auseinandersetzt. „Dabei geht es um eine metaphorische Konzeption von ‘Stimme‘, die vor allem Sprache, und zwar verbotene und unmöglich gewordene Sprache in den Vordergrund stellt. Stimmlosigkeit ist hier also nicht die unreflektierte Vorstellung, es sei dem Anderen eine Stimme zu geben, sondern die Erkenntnis, dass Stimme als Ereignis und Denken durch Sprache als koloniales Werkzeug ersetzt wird, was zu einem Sprechen und Schweigen der Macht wird.“ – so hält die Erstgutachterin Anne Storch fest.
Als theoretische Grundlage ihrer Studie führt Frau Baur in relevante Aspekte der Philosophien von Lyotard, Glissant, Adorno und Heidegger ein und arbeitet jeweils Bezüge zum Werk von Philips heraus. Sehr aufschlussreich sind in diesem Kontext ihre Ausführungen zum Beispiel Christopher Kolumbus‘ in der frühen Neuzeit, mit denen sie zeigen kann, „wie Sprache als Machtinstrument verwendet wurde“. Gleichfalls zu erwähnen ist ihre Auseinandersetzungen mit Schriften aus dem Kontext postkolonialer Debatten wie denen von Achille Mbembe. Dabei gelingt es Frau Baur, die vielfältigen Ansätze auf ihre Fragestellung zu beziehen, sie argumentativ zu durchdringen und in sehr eigenständiger Weise für ihre Untersuchung aufzubereiten und fruchtbar zu machen. Die sowohl in sprachlich-stilistischer wie theoretischer und grafisch-visueller Hinsicht beeindruckende Arbeit soll heute mit der Verleihung des Fakultätspreises gewürdigt und anerkannt werden.
 


Masterarbeiten



Sven Johannes, Institut für Altertumskunde

Thema: Edition, Übersetzung und Kommentar der achten Ekloge der bucolica Latina Hannard van Gamerens

Betreuer: Prof. Dr. Jan Felix Gärtner

Die Arbeit von Sven Johannes widmet sich einem Werk des Hannard von Gamerens, einem bislang eher wenig bekannten Schriftsteller des 16. Jahrhunderts aus dem belgischen Raum. Es handelt sich dabei um ein Gedicht (ekloge) von 150 Versen, das zur Gattung der Bukolik gehört und den Sängerstreit der Hirten Menalcas und Thyrsis vor dem Schiedsrichter Tranna beschreibt.

Die Untersuchung des Autors ist in zwei große Abschnitte unterteilt. Im ersten Teil, den man als Einleitung sehen kann, werden Leben und Werk des Dichters so genau wie möglich vorgestellt und umfassend analysiert. Herr Johannes belässt es dabei nicht bei der Vorstellung des von ihm speziell behandelten Gedichts, sondern setzt dieses in den künstlerischen Zusammenhang des Gesamtwerks des Hannard van Gammeren. Beeindruckend ist insbesondere ein vom Autor wohl vollständig vorgelegtes Werkverzeichnis des Dichters (S. 19ff.). Der zweite Teil der Arbeit umfasst die eigentliche Edition, Übersetzung und Kommentierung der Ekloge. Herr Johannes schafft es, den von ihm behandelten Text für die Leserschaft auf beeindruckende Art und Weise zu erläutern und einzuordnen. Dabei beweist er ein feines Gespür für semantische Nuancen, hat einen scharfen Blick für wichtige Details und versteht es, die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten des Textes klug und sorgfältig abzuwägen.

Herr Johannes hat seine Arbeit in ausgezeichneter sprachlich Qualität verfasst. Die Durchführung der Untersuchung und Edition entspricht den höchsten Standards des eigenen Faches, der klassischen Philologie. Mit nur geringfügigen Überarbeitungen könnte der Text vermutlich direkt in einem Fachlexikon publiziert werden. Aufbau und Umsetzung der Arbeit zeigen die fachliche Kompetenz des Autors, seine Vertrautheit mit dem methodischen Instrumentarium des Editionsgeschäfts und eine bemerkenswerte Eigenständigkeit bei der Bearbeitung eines anspruchsvollen Themas. Zudem gelingt es Herrn Johannes, den Umfang seines Textes im Rahmen der Vorgaben zu halten. Die wirklich überzeugende Arbeit verdient deshalb zu Recht den Preis der Fakultät.
 



Klara Niemann, Kunsthistorisches Institut

Thema: "Wissmann wir kommen." Adolf Kürles Denkmal für Hermann von Wissmann im Spiegel seiner denkmalpraktischen Verhandlungen seit 1909

Betreuerin: Prof. Dr. Susanne Wittekind

Im Mittelpunkt der Masterarbeit von Klara Niemann steht das von dem Künstler Adolf Kürle geschaffene Denkmal des ehemaligen Kolonialgouverneur Hermann von Wissman. Die Arbeit gliedert sich in zwei große Teile: Zunächst wird das 1909 in Dar-e-Salam im heutigen Tansania errichtete Denkmal in seiner ursprünglichen Konzeption analysiert. Darauf aufbauend studiert die Verfasserin in chronologischer Abfolge die Stationen der Objektverhandlungen. Methodisch reflektiert wendet Frau Niemann, wie sie pointiert festhält, „im ersten Teil ikonographische und rezeptionsästhetische Ansätze sowie postkoloniale Fragestellungen nach Blickregimen, Stereotypen, rassistischen und kolonialistischen Machtstrukturen“ an, um „im zweiten Teil die Bedeutungsebenen und Ästhetiken der Objektverhandlungen“ in den Blickpunkt zu nehmen, „die von Ikonoklasmen bis hin zu kuratorischen Fragestellungen reichen“. Sie konzentriert sich hierbei auf das reale Denkmalobjekt im öffentlichen städtischen Raum.

Beeindruckend präzise in der Analyse und sprachlich versiert verfolgt Frau Niemann die verschiedenen Stationen des Denkmals, die ausgehend von Dar-e-Salam über London und Hamburg bis nach Berlin reichen, und setzt sich eingehend und überzeugend mit den von ihr eingangs gestellten Fragen auseinander: „Welche gestalterischen Mittel werden gebraucht und verändert, um Umdeutungen und Verhandlungen vorzunehmen, das Denkmal zu konstituieren und zu dekonstruieren und welche Wirkungen zieht dies nach sich?“ Ausgehend von einer fundierten kunsthistorischen Analyse der denkmalrhetorischen Stilmittel kann sie zeigen, wie das Denkmal – so ihr Resümee – zum „Austragungsort und Kristallisationspunkt soziopolitischer und ideologischer Konflikte“ wurde. Dies verdeutlich die aktuelle Bedeutung und auch die außerwissenschaftliche Relevanz der Fragestellung und der Ergebnisse.
 



Maxwell Shukuya, Englisches Seminar I

Thema: Damaged Souls, Damaged Psyches: Neoliberal Subjectivity in the Millennial Novel

Betreuer: Prof. Dr. Hanjo Beressem

Mit der Arbeit „Damaged Souls, Damaged Psyches: Neoliberal Subjectivity in the Millennial Novel“ hat Maxwell Shukuya eine Untersuchung vorgelegt, die sich in außerordentlich überzeugender Art und Weise mit einer höchst aktuellen Thematik beschäftigt: mit der Situation einer jungen Generation in der Zeit des neoliberalen Kapitalismus, „die durch das Gespenst eines universellen Prekariats sowie eine kulturell induzierte, supra-individuelle, scheinbar ausweglose und lediglich durch Drogen (Schmerzmittel, ‚Anti-Depressants‘) zu behandelnde, existentielle ‚Müdigkeit‘ durchzogen ist“ – so die pointierte Zusammenfassung des Erstgutachters Hanjo Beressem. Die nicht zu unterschätzende Herausforderung, eine Fragestellung zu verhandeln, die die Lebenswelt der sogenannten „Millenial Generation“ kennzeichnet, wird souverän gelöst. Die präzise Untersuchung widmet sich den beiden ausgewählten Romanen Jillian and The New Me von Halle Butler und My Year of Rest and Relaxation von Ottesa Moshfegh. Herr Shukuya analysiert die Werke auf ihr politisches und ökonomisches „Unbewusstes“ hin. Dies geschieht auf Grundlage „einer mit großer gedanklicher Übersicht und Klarheit dargestellten Geschichte der amerikanischen Variante des Neo-Liberalismus als politischer Theorie“, wie der Erstgutachter feststellt. Mit fundierter Kenntnis und kritisch reflektiert werden in diesem Kontext theoretische Ansätze von Walter Benjamin oder Frederic Jameson herangezogen.
Hervorzuheben ist das durchgehend hohe Niveau der Arbeit, die Auseinandersetzung mit einem komplexen Gegenstand, der versierte Umgang mit der Forschungsliteratur sowie das bemerkenswert selbständige wissenschaftliche Urteil. Die Arbeit ist in einem hervorragenden Englisch abgefasst, das auch für nicht-anglophone Leser sehr gut zugänglich ist. Sie entspricht von der Gestaltung und vom Umfang her vollauf den Erwartungen an eine Master-Arbeit und gehört damit zurecht zu den Arbeiten, die einen Preis der Fakultät verdienen.